Oberuferer Christgeburt-Spiel
Weihnachtsspiele aus altem Volkstum
Mitgeteilt von Karl Julius Schröer 1862, szenisch eingerichtet und kommentiert von Rudolf Steiner
Herausgeber Edwin Froböse und Hans Erhard Lauer, GA 5236
eingespielt ohne Gesang mit Bandoneon von Karl-Heinz Kaesebier Berlin
Hier zuerst das Ganze, danach jeweils die einzelnen Lieder dem Text zugeordnet:
Musik: Leopold van der Pals. Das Musikinstrument ist hier das Bandoneon. Es war von Heinrich Band (* 4. April 1821 in Krefeld; † 2. Dezember 1860 ebenda) für kleinste Kirchen + Kapellen gedacht. Nach Argentinien exportiert wurde es zum Instrument des Tangos. Es ist auf der Baßseite chromatisch spielbar wie das russische Bajan und damit für Klaviernotenliteratur geeignet. Das Klappergeräusch der Knopftasten ist charakteristisch für Bandoneonmusik.
Videos und Bilder sind mit "Canon S3100", Musik mit "Roland R26" + 2 Rohde-Mikrofonen NT2000 aufgenommen.
Fotos von südtirolischen Krippenfiguren, von einer erzgebirgischen und der "Ostheimer"-Krippe, einer Bronze-Plastik des Werklehrers Benoît P. Dumas an der Rudolf-Steiner-Schule Berlin, Engel-Transparente von Andrea Rein aus Eckwälden und eine Aufnahme aus dem Haus der Volkskunst Balingen, bebildern das Ganze. -
Für Menschen, die das christologische Thema eher gedanklich behandelt sehen wollen:
(mit 250%-Ansichtsvergrößerung lassen sich Videobild + Schrift gleichzeitig - ohne Video-Vollbild - anschauen)
Die Companei: der Sternsinger, der Engel Gabriel, Maria, Joseph,
der Wirt Rufinus, der Wirt Servilus, der Wirt Titus,
die drei Hirten Gallus, Stichl, Witok und der vierte Hirt, Crispus,
hält ihren Einzug und singt
(Die Sprache ist das Schwäbisch der Donauschwaben - von Carl Julius Schröer so festgehalten. Die Schreibweise für das etwas nasale ao ist hier â, weil das ° schreibtechnisch hier nicht über das a zu setzen ist)
Siehe das Video oben:
1,) Unsern eingang segne Gott, - Unsern ausgang gleichermaßen,
Segne unser täglich brot, - Segne unser tun und lassen.
Segne uns mit sel'gem sterben - Und mach' uns zu himmelserben.
Der Sternsinger spricht
Ir liabn meini singa samlet eng zsam gleiwia die krapfen in der pfann.
Ir liabn meini singa trets zsam in a scheibn, - Ma wölln uns de wail mit singa vertreibn.
Ir liabn meini singa fangts tapfer ân. - Zu grüaß'n wölln ma's heben an
Grüaß'n ma God Voda im hechsten thron - Und grüaß'n ma a sein einiga Son;
Grüaß'n ma a dazua den haligen Geist mit nama
Und grüaß'n ma's âlli drei zsamma.
Josef und Maria gehen auf die Bühne
Grüaß'n ma Joseph und Maria rein, - Und grüaß'n ma das kloane kindalein.
Grüaß'n ma a ochs und esulein, - Wölche stehn bei dem krippalein.
Grüaß'n ma sie durch laub und gras, - Der halige regen mâcht uns und eng âlli nâß.
Grüaß'n ma den kaiser mit der kron, - Grüaß'n ma den master, der's machen kân.
Grüaß'n ma a dö geistlinga herrn, - Wail's uns erlaubt hobn, des g'spül zu lern.
Grüaß'n ma den herrn richter mit seiner beschwörd, - Denn sie san der eren wert.
Und grüaß'n ma die gânzi ersame gmoan, - Âlli, wie sie hier vasammelt san.
Grüaß'n ma den gânzen ersamen rât, - Wia sie God dazua verurdnet hât.
Grüaß'n ma sie durch âlli würzalein, - So vül als in der erden sein.
Ir liabn meini singa, fangt's ânders ân, - Den stern zu grüaß'n wölln ma's heben ân.
Grüaß'n ma unser sternstange, - Daran unser stern tuat hanga.
Grüaß'n ma unser sternschar, - Daran unser stern umanand fart,
Grüaß'n ma a âlli hölzalein, - So vül als in dem sterne sein. -
Ir liabn meini singa, hâbt's mi wol vernumma, - Daß ma den stern hâm ângsunga.
Grüaß'n ma unsern mastersinger guat, - Und grüaß'n ma den mastersinger sein huat.
Grüaß'n ma a unsern lermaster in der tât, - Wail er uns mit der hilf Godes geleret hât.
Ir liabn meini singa, hâbt's mi wol vernumma, - Daß ma dös âlls hâbn ângsunga.
Die Companei setzt sich auf die Bänke seitwärts vor der Bühne. Der Engel Gabriel geht auf die Bühne und spricht
I tritt herein ahn âllen spot, - An schen guaten âbend geb eng God,
An schen guaten âbend, a glücksölige zeit, - Die uns der Herr vom himel geit.
Ersame, wolweise, großginstige herrn, - Wia a tugendsame fraun und jungfraun in âllen ern,
Bitt, wellt's eng nit verdriaßn lan, - A kloane wail uns z'heren an.
Was ma eng iatzt wird bringa vur, - Is nit von uns erdichtet nur,
Is a von heiden nit erdâcht, - Sondern aus der haligen schrift vollbrâcht:
Nemli von der geburt unsers Herrn Jesus Christ, - Die uns zum trost geschechen ist.
Drum wann ir's wollt hern in guater rua, - Schweigt stüll und hert uns fleißi zua.
Die Companei hält ihren Umzug und singt
2.) Als der gütige God - Vollenden wollt sein wort,
Sant er an engel schnell, - Mit namen Gabriel
Ins galiläische land - In die stadt Nazaret,
Da er a jungfrau het, - Wird Maria genannt,
Josef nie hat erkannt - Dem sie vertrauet war.
Die Companei zieht ab, nur Maria bleibt zurück.
Der Engel Gabriel tritt aus dem Hintergrund der Bühne auf, bleibt vor der Jungfrau stehen und spricht
Gegrüaßet seist du, holdsölige! God der Herr ist mit dir!
Denn du bist gebenedeit unter den weibern! - Denn du wirst schwânger werden - Und an son gebern,
Des nâma sullst du Jesus hoaßen! - Und er wird a herr sein über sei volk ewigli.
Maria
Wia sul dös zuagahn, - Sintemâlen i von kanem mânne waß?
Engel
Siach, i bin der engel Gabriel, - Der dir verkünd't:
Die kraft des Allerhechsten wird di überschatten, - Darum a das hoalige, das von dir geboren wird,
Wird Godes son genennet werdn. - Und siach, Elisabethe, dei freindin
Ia a schwânger mit an son in ihrem alter - Und geht schon im sechsten monat,
Die im gschrei ist, daß sie unfruchtboar sei; Denn bei God san âlli dinge mögli.
Maria
Siach, i bin des Herrn mâgd, - Mir gschiach, wia du hâst gsâgt.
Der Engel ab, Maria folgt.
Die Companei hält ihren Umzug. Alle singen
3.) Weil Maria schwanger ging - Zu Augusti zeiten,
Da die prophezeiung ging, - Niemand durfte streiten,
Ward vom kaiser angesatzt, - Daß a jeder werd geschatzt,
Dös ward ina geboten. - Da ging jedermann zum urt
Und zur stadt seiner geburt, - Ward gehorsam g'funden.
4.) Kaiser Augustus leget an die erst schatzung auf jederman,
da macht sich Josef auf die fart mit Maria der jungfrau zart.
Von Nazaret ins jüdisch land - In sein stadt, Bethlahem genannt.
Wia sie nun kumma gen Bethlahem dar, - Maria ihr sönalein gebar.
Alle ab. Zurück bleiben nur Maria und Joseph, welcher spricht
Kaiser Augustus hât a gebot getân,
Es sull schâtzen sich lâssen a jedermân,
Bei strâf âll häupter insgemein
Zur zahlung des tributs bereit sulln sein.
Wail nun âll göld in meiner hand - Zu unserer notdurft ward angwant,
Ka groschen zur zeit in meiner mâcht, - Solchs ölend sei leider God geklâgt.
Waß a ka mittel, göld zu bekumma - Mei kräftn hâben abgenumma.
Dös handwerk i weiter nit waß z'üaba, - Wölches mit schmerzli tuat betrüeba,
Do wüll i den tribut entrichta, - Mit des Augustus wüllen schlichta.
Maria
O Joseph gebt's eng a weng zur rua, - An freind wüll i ansprechn morgn frua,
Das göld zur schatzung borgn, - Seid diesfalls ahne sorgn.
Joseph
Maria, wer hât das göld so vül, - Der dir die summ vorstrecka wüll?
's göld mangelt an âlli enda. - God woll unser sâch zum bestn wenda.
Maria
Andre mittel san nit z'findn. Lâß das echslein uns anbindn
Und mitfürn nach Bethlahem in die stâdt, - Wohin uns Augustus beschiedn hât,
Es um büllige bezahlung verkaufa, - So mag's noch guat ablaufa.
Joseph
So ma das echslein zur schatzung gebn, - Wovon erhâlta ma waiter das lebn?
Woran i gesetzt âll hoffnung und hail, - Soll i sollichs ausbüten fail?
Do wo zwa zur schatzung san zu gebn, - Ist dös kloanste davon zu erwegn.
Maria, das esulein bring herbei, - I wüll mit dem echslein nit weit von dir sei.
Maria und Joseph machen sich auf den Weg
Die Companei hält den Umzug und singt
5,wie 3.) Wail Maria schwanger ging - Zu Augusti zeiten,
Da die prophezeiung ging, - Niemand durfte streiten,
Ward vom kaiser angesatzt, - Daß a jeder werd geschatzt,
Dös ward ina geboten. - Da ging jedermann zum urt
Und zur stadt seiner geburt, - Ward gehorsam g'funden.
Die Companei zieht ab. Die Wirte lösen sich von ihr und ziehen sich zurück. Joseph und Maria bleiben. Maria
So ma nun kumma in die stadt hinein, - Wo binden ma hi ochs und esulein?
Joseph
A wirt âllda mir wolbekânt, - Mit nâma Rufinus genannt,
Bei dem ma wellen keren ein - Und einstölln ochs und eselein.
Maria
So uns andere mechten vorkumma - Und dös logament hättn eingnumma?
Diewail vül volk sonder zal, mâß und weis - Jetzund nach Bethlahem zueraist.
Joseph
Schau an, die stadt tuat si fast nahn, - Lâß uns dös viech a weng jagn,
Dâß nit gespirret wird dös tor - Und ma über nâcht müaßn bleibn davor.
Maria
O Joseph, ailet do nit so sehr, - Der gang, der kummt mir an zu schwer;
Von eis ist vül zu glatt die ban, - A bständing fâll zu besorgn i han.
Mei glider san von der költen eingnumma, - I fürcht, es mecht mir sehr übel ankumma.
Joseph
Âbends wölln ma die glider erweichn - Und mit woarmen tüechern bestreichn.
Pause
Maria, jetzo i bei dem wirtshaus bi, - Da i verhieß di zu füren hi.
Joseph klopft dreimal mit seinem Stab auf den Boden. Der Wirt kommt.
Joseph
Grüaß God, Rufin, mei guata freind, - Kennt ihr uns nit beherbergn heint?
Ma sân ser matt von lânger ras, - Wia a an jeder wândersman wol waß.
Die luft uns heftig hât zuagsetzt, - Mit schärfen die gsichter abgwetzt.
Wirt Rufinus
Mei freind, wo anders eng hiwendt, - B'setzt ist scho mei logament,
B'setzt âll zimmer und gemâch, - Sollichs glabt, wiar-i eng in woarheit sâg.
I âls a wirt von meiner gstâlt, - Hâb in mein haus und logament gwâlt.
Joseph
Nu ka mensch waiter mir is bekannt, - Der uns mecht reichen a hülfliche hand,
Do well'n ma nit an hilf verzâgn - Und unser glück no waiter wâgn.
Den nâchbarn grüaß'n üblicher mâßen, - Ob er etwan uns mecht in sei haus einlâssen.
Joseph klopft dreimal mit seinem Stab auf den Boden. Ein anderer Wirt, Servilus, kommt.
Joseph
Mei freind, hâbt ihr kan raum im haus, - Daß ma a weng ruhen aus?
Grober Wirt
Was hob i mit eng und engerm weib zschâffa? - Wer waß, wo ihr seid hergeloffa?
I kan von andern laitn mehr han, - Als von dir, du loser bettelman!
Packt's eng ahn verzug von meiner tür, - Machts weiter mir ka unruah hier.
Ab
Maria
Erbarmen wöll sich der hechste God, - Daß ma âbziehn müeßn mit solchem spot,
Vor költen und angst müeßn sterbn, - Kâ herberg könne ma erwerbn.
Der dritte Wirt, Titus, kommt mit einer Lampe
Wirt Titus
Mei frau, was erhebt ihr für a klâgn, - Wellt ihr allhier gänzli verzâgn?
Ir seht zur zeit do selber wol, - Daß mai haus mit fremdlinga is vol.
Wellt ihr aber nema an stall für guat, - So wüll i eng schâffen guaten muat.
Maria
Mei liaber wirt, es gült uns âlles gleich, - Wie ma liegn über nacht, hoart oder weich,
Daß nur uns dâs ântlitz bestreich ka schnee, - Uns kan wind tetlichermâßen durchweh.
Wirt Titus
So tretet ein in âllen fall, - Bis leer mei haus wird, in den stâll.
Der Wirt führt Maria und Joseph vor die Krippe. Maria setzt sich auf einen Schemel.
Joseph singt
6.) O Jungfrau rein, - Hier ist a kloanes krippalein, - Darin ma
müeßn schlâfa
Mit God, der uns erschâffa. - O Jungfrau rein.
Maria singt
6.) Ach Joseph mein, - Ir müeßt allein der tröster sein, - Mei zeit
ist herzu kumma,
Mit schmerzen werd i bekumma - Das kindalein, das Jesulein
Joseph spricht
Morgen frua wüll i aufstan - Und nach Kana zum metzger gan.
Anbütn wüll i ihm dies tier, - Wüll hern, was er wird gebn dafür,
Dann wüll i den tribut entrichta, - Nâch de Augustus wüllen schlichta.
Maria spricht
Ob a das tierlein mâg geltn so vül, - Daß ma dadurch erlanga unser zül?
Joseph
Nun zweif'le ma nur nit darân, - I hoffe no etwas bereit zu hân.
Der Engel erscheint mit dem Stern hinter der Krippe.
Maria
O Joseph, die zeit is schon vorhandn, - Daß i erlöst wird von fruchtes bandn,
Die geburt sich nahen tuat herbei, - Wie mir Gabriel verkündigt frei.
Den wirt bitt, daß er's uns mecht valeichn - Uns lâßn in sein haus einsteign.
Joseph
Maria, unser bitt wird er schwerli gewern, - Dieweil ma zu vül auf amâl begern,
Do wüll i zu dem wirt getrost hingehn - Und mi in seiner behausung umsehn,
Ob etwân a plätz mecht gfundn wern.
Joseph nimmt die Laterne, geht zum Wirtshaus und klopft dreimal mit seinem Stab auf den Boden.
Der Wirt kommt
Joseph
Herr Titus, uns ist heint a kind geborn, - Wär uns in der nâcht fast gâr erfrorn.
Drum seit gebeten lâßt uns behend - Einsteign in enger logament.
Wirt Titus
Woarli enger bitt wollt gern plâtz gebn, - Es san nur iatzt zwa dutzend kumma ebn,
Die besitzen âll zimmer und leere stât, Schaut, wo ihr mit dem kind waiter eingeht.
I als a wirt von meiner gstâlt - Hâb in mein haus und logament gwâlt.
Joseph geht zu Maria zurück.
Joseph
Maria, unser bitt is âll vergebn, - Ma müaßn im stâll bleibn wia vorebn,
Dâß dös kind vo dr költn frei mâg sein, - Leg's in d'krippen zwischen ochs und esulein.
Maria singt
7.) Ach, Joseph mein!
Wie mag die wölt so untreu sein, - Mit schand uns auszuschliaßn,
Daß ma im stâll bleibn müaßn! - O Joseph mein, o Joseph mein!
O Joseph bring a büscherl heu, - Daß i dem kind a bettlein streu.
Joseph singt
7.) Mei herz, mei wüll und âll mei sinn - Nim hi du liabes sönalein.
Maria singt
7.) O Joseph mein! - Hilf mir wiagn das kindalein,
God wird schon dei beloner sein - O Joseph mein, o Joseph mein!
Joseph singt
7.) O du mei liabi Mario! - Gâr gern, gâr gern, i bi scho do,
I hilf dir wiagn dei kindalein, - Got wird scho mei beloner sein.
Maria, Maria!
Der Engel mit dem Stern erscheint
Maria singt
7.) O Joseph, Marias engelein - Das Gloria sing: Âllda herein
Dia liab ist eingedrunga, - Dâß ma hobn gewunna
Das kindalein, das Jesulein.
Joseph setzt sich, beide bleiben, währenddem die Companei ihren Umzug macht und singt
Die Companei
8.) A kind geborn zu Bethlahem - In diesem jâr, - Des freuet sich Jerusalem.
In diesem jâr frohlocken wiir
Die muater des Herrn preisen wir
Mit ihrem kindalein zart, - Mit ihrem kindalein zart.
Christus den Herrn, den eren wir -
Mit einem lobgesang, - Mit einem lobgesang.
Hier liegt es in dem krippalein - In diesem jâr, -
Ahn ende wärt die herrschaft sein.
In diesem jâr frohlocken wir, -
Die muater des Herrn preisen wir
Mit ihrem kindalein zart, - Mit ihrem kindalein zart.
Christus den Herrn, den eren wir - Mit einem lobgesang, - Mit einem lobgesang.
Pause. Nachdem die Companei einen Augenblick auf der Bühne verweilt hat, ziehen sich die Hirten zurück. Die Companei setzt sich.
Gallus erscheint im Hintergrund und spricht
Heschka! he! he! - I hob vermoant, i wer der letzte sein,
Derweil kumm i goar auf die erscht herein. - Husch, husch, wie is es heunt so kâlt!
Ma kennt ja dafriern bald! - Es frört mi so sehr in mein gsicht,
Daß i empfind mei nâsn goar nicht. - I hob dem Stichl meine handschuh glichn,
I hob's ihm glichn um-und-um. - Wo lauft denn mei bruader Stichl herum?
I siach mi um ahn âlli, gesär, - Kummt glei mei bruader Stichl a daher!
Stichl erscheint im Hintergrund und spricht
Heschka! he! he! I hob vermoant, i wär der erschte do, - Derwail is mei bruader Gallus a scho do.
Gallus
Stichl, wie stehts mit unserer herd und schâfen?
Stichl
Ei, Gallus, bei dir hob i mi bâld gfrert.
Gallus
Ei, Stichl, hâst du di bâld gfrert? - Siach hier meine beide händ.
Stichl
Ei, hâst du nur zwa? - Âlli hundert und tausendmal lüegst du mir vor! -
Ei, wo lauft denn unser bruader Witok herum?
I siach mi um ahn âllis gesär, - Kummt glei mei bruader Witok a daher!
Witok erscheint im Hintergrund und spricht
Heschka! he! he! - I hob vermoant, i wer der erschte
Bei den herdn und bei den schâfn sein, - Derweil kumm i goar auf die letzt herein!
Stichl
Du mâchst âlli hundert und tausend mol a son spaten gâng.
Witok
Jâ, mei wei hot mi nit lassen eh gehn, - I hâb ihr zuvor müassen d'schuach flickn und nähn. -
Oba wenn uns de költn wüll so furt foarn, - So müaßn ma uns meiner treu besser bewoarn.
Gallus
Stichl, is dir die zeitung bekannt, - Wia des kaisers pfleger, Cyrinus genannt,
Satzt eine schätzung überaus groß, - Daß sich a jedes haupt soll kaufen los,
Bei strâf âll seines hâb und guats?! - Wer kann dabei sein guaten muats?
Stichl
Ei Gallus, was sâgst du immer doar? - Is, wâs du erzölst, eigentli woar?
Gestattet kann nit werdn das begern, - Daß si das volk mecht leichter ernern?
Witok
Ach God, hât das begern no ka end! - Weh! unser groß jammer und ölend!
I hob gedâcht, es sull sich bekern - Daß ma uns mecht'n leichter ernern.
Unglick haufenweis kummt herbei, - Niemand mâg sein von diesem jammer frei.
Gallus
Ach mei Witok, du host no nit z'klâgn, - Lâß mi erscht recht von armut sâgn.
Bei mir unschuldign da geht's zua! - I hob weder tag no nacht a ruah.
I trâcht stets zu meiner herde schâf, - Bei mir ist unbekannt âller schlâf,
Gestrigs tâgs war i bei mein gsind auf'n föld, - Âllda mei schäflein fleißig zölt;
Befinden sich oba in der zahl nit goar so vül: - Die ursach i dir kürzli sâgn wüll.
Er nimmt Witok beiseite.
Stichl
Erzöl's, du alter kauderer!
Gallus
An tail hât mir s' der leidige wolf zerrissa.
Die Hirten blicken sich bei dem Wort "Wolf" erschrocken um und gehen dabei in Hockestellung.
Stichl
Vielleicht hobn dir s' die metzgerhund darbissa, -
Dann is es unversehner weis gschehn; Muaß den âlles mit dem wolf dahin gehn?
Gallus
Woarli Stichl, hâlt still dein mund, - Es beißt der wolf glei so hoart als der hund.
Stichl
Ja wol, no härter!
Gallus
Wâs du a waiter wüllst davon sâgn, - Muaßt di glei bei herdn vertrâgn, -
Witok
Von main wei hob i kletz'n und null'n mitbrâcht, - Nâ sei a guat's nachtmâl g'macht.
Die Hirten setzen sich nieder
Stichl
Is a urntlig's stuckl schmâlz a dabei?
Witok
Wiar a faust so groß stucka drei.
Witok verteilt seine Vorräte an die beiden andern. - Sie essen.
Witok
Neuli mir weitläufig ward erzölt, - Wia's God von ewigkeit hot auserwölt,
Daß der begehrte messias in die welt sull kumma - Zu trost und erlösung âller frumma.
Alsdann werdn ma auf erdn - Âller bürd und last enthebet werdn.
Gallus
Ach wär dös âlles heunt so bewant, - Daß der messias wär bei der hand,
Alsdann wulltn ma frohlocka und springa - Und God mit freiden das Gratias singa.
Bei den ersten Worten des Gallus stehen die Hirten wieder auf; sie stellen sich im Dreieck einander gegenüber, auf die langen Stäbe gestützt. Bei den entsprechenden Worten springen alle drei zugleich in die Höhe zum Zeichen der Freude. Stichl
Zu wölcher zeit und urt sull das geschehn, - Daß ma der armen trost mechtn sehn?
Witok
Die zeit is uns zwar nit genannt, - Das urt is uns gar wolbekannt.
Zu Bethlahem sull er wern geborn - Von aner jungfrau auserkorn. -
Gallus nachsinnend
Nu hert, ir liabn brüader mein, Wail ma nu âlli drei beisamma sein,
Itzt welln ma uns o kloas bißl niederlega - Und a kloane wail schlâfa daneba.
Die Hirten stellen sich in Reih und fallen nieder gegen Joseph und Maria und schlafen.
Der Engel kommt und singt
9.) Gloria, gloria in excelsis! - A große freud verkünd i euch
Und âllen völkern auf erdenreich.
O Christ, wach auf, steh auf und lauf
Zum kindalein, zum krippalein, zum Jesulein, Lauf, lauf, lauf, lauf!
Laufet ir hirten, lauft âlle zugleich, Nehmet schalmeien und
pfeifen mit euch,
Laufet nach Bethlehem in den stall, grüsset das kindalein
allezumal, allezumal allezuma!
O ir hirten, o ir hirten,
Lâßt dies eng nit verzâgn, - A neue mär wüll i eng sâgn.
Gallus spricht im Traum
Stichl, was is dös für a singa und jubiliera?
An gespenst wüll uns vexier'n, unsern schlof tuat es durchwirra.
Stichl spricht im Traum
I, wunder groß und wunder überaus, I schau nur a weng für den huat 'naus,
Allbehend siach i a großes und a helles licht, - Was scheinet dort für a gsicht?
Witok spricht im Traum
A stimm i her so hell und kloar, - Scheint ma, es wär an englische schoar.
Der Engel singt
10.) Vom himel hoch, da kum i her, - I breng eng guate neue mär.
Der guten mär bring i so vül, - Davon i sing'n und sagen wüll.
Gallus steht auf und spricht zu Witok
Gib obacht, 's hât glotteist.
Witok
Ei dumper! spiegelkartenhal ist,
's regnt, daß olls totschelt! - Mei bart is stoarr vor eis.
Gallus
Stichl, steh auf, der himel kracht scho!
Stichl
Ei, laß'n kracha, er is scho âlt gnua dazua.
Gallus
Stichl, steh auf, die waldvegala piewa scho!
Stichl
Ei, laß s' nur piewn, - Ham kloane kepf, ham bâld ausgschlofa.
Gallus
Stichl, steh auf, dö fuhrleut kleschn scho auf der stroßn.
Stichl
Ei, lâß s'nur kleschn, hâbn noch goar wait z'foarn.
Gallus
Ei, du muaßt do aufstehn!
Stichl steht auf und fällt der Länge nach hin. Gallus
Gib obacht, 's hât glotteist.
Stichl
Ei, âlli hundert und tausend! Machst du mr 's maul erscht auf,
Wann i ma den ranzen aufg'schlâgn? - Ha, mei Gallus, wâs hot denn dir trambt,
Daß di neben meiner so umakuglt und umagwolzt hâst? - Wâs hât denn dir trambt?
Gallus
Wâs mir trambt hot? - Dös kann i dir goar wol sâgn.
Die Hirten stehen im Dreieck zueinandergekehrt, stützen sich auf ihre Stäbe und springen um diese herum, so daß sie sich nun den Rücken zukehren. Gallus singt:
11.) In anen stâll ging i hinein, darin a ochs und esulein
An einem krippalein fraßen. O edler hort, o jungfrau zart,
Die klärli bei ihm saßen.
Jazt bin i glei vom schlâf erwacht,
Wollt God, der tram käm mir all nâcht.
Wollt gern bis siebene schlâfn.
Sie drehen sich mit einem Sprung wieder einander zu. Stichl
Ha, mei Witok, wâs hot denn dir trambt, - Daß di neben meiner so umakuglt und umagwolzt hâst?
Wâs hot denn dir trambt?
Witok:
Wâs mir trambt hot, - Dös kann i dir goar wol sâgn.
Sie wenden sich wie oben wieder den Rücken zu. Witok singt
12.) In weihnachtstagen in der still - A tiefer schlâf mi überfiel,
Mit freid ward ganz begossen; - Mei söl empfing vül süeßigkeit, -
Vül honig und vül rosn.
Sie drehen sich wieder einander zu. Gallus:
Ha, mei Stichl, wâs hot denn dir trambt, - Daß di neben meiner so umakuglt und umagwolzt hâst?
Wâs hot denn dir trambt?
Stichl
Wâs mir trambt hot, - Dös kann i dir goar wol sâgn
Sie kehren einander wieder den Rücken zu. Stichl singt
13.) Mir trambt, als wenn a engel käm und führet uns gen
Bethlehem
Ins jüdisch land so ferre: a wunderding alldâ geschehn, -
Erfuhren neue märe.
Die Hirten singen, indem sie im Kreise herum hintereinander herziehen.
14.) Lustige Hirten, freudige knâbn,
Die guate lust zum singen hâbn:
Heja wol auf, und laßt uns singn
Guater dingn, lustig springn.
David, an tâpferer hirtenjung,
David erfreut uns herz und zung. -
Lustigs gsängla bei den schofn,
Wenn es uns nit beliebt zu schlofn,
So singan ma das God zu eren,
Wer wüll's weren, wer wüll's weren?
Eia, wer is, der's übel auslegt,
Sintemal 's auch der David pflegt.
Nâch aner schlâcht und küenen tâten,
Auserwölt zum potentaten,
Muaß er a den scepter füeren,
Welt regieren, juden zieren.
Jedermann auf den David deut:
Sans die hirtn nit wâckere leut?
Gallus
Nun, wolan, laßt uns gen Bethlahem gehn, - Die wundertat âllda zu ersehn.
Was für gabn welln ma offeriern? - Was für a gschank welln ma dem kind präsentiern?
Stichl
A flaschl voll mülli wüll i dem kind verern, - Damit ihn sei muater mecht waiter ernern.
Witok
A scheen's lamm hâb i unter meiner herd, - Wölches das kind goar wol is wert,
Dös wüll i behend mit mein stab umbfange - Und über meine beide schultern hanga.
Gallus
I wüll mitnehma a weng woll, - Damit ihn sei muater fei dreinlegn soll.
Die Hirten gehen ab, ihre Gaben zu holen. Die Bühne verdunkelt sich. Stichl
Die nâcht is mir zu finster, i kân nit mehr sehn, - Ob ma recht oder unrecht zur stadt eingehn.
Ei, wo sulln ma âllisambt waiter aus?
Gallus
Stichl, i siach âllbereits a strohhaus; - Âllda werdn ma nach dem kindalein Godes frâgn.
Sie werdn es uns a wol sâgn, - Wo ma sulln hingahn, - Daß ma das kindalein mechtn treffn an.
Gallus klopft bei der Krippe stark mit seinem Stab auf den Boden
Holla! holla! is niemand vor der tür, - Der uns an das begerte urt hinfür?
Joseph
Mei freind, wen suchet ir âllhier? - Aan, der eng ol waiterfür?
Seid gebeten, sagt mir, wo steht hin - Enger gedânka und eifriger sin?
Stichl
Oltvoda, ma suchen Godes kindalein, - So uns âllhier sullt geboren sein;
Ma begereten, ob es werde gewiß, - So uns die gschicht verkündiget is.
Joseph
So ir dös wellt, so tretet herei, - Hier liegt das gewünschte kindalei.
Die drei Hirten singen hinter der Krippe
15.) Merk auf, mein Herz, und siach dorthin, - Wâs liegt dort in
der krippen drin?
Es ist das liabe Jesulein, - Es ist das scheene kindalein.
Gallus kniet nieder und spricht bei der Opferung
Sei gegrüaßt, du kindalein zoart! - Wia liagst du da so ölend und hoart.
A bett vo stroh, von kana federn zoart, - Sondern vo spissign hei so hoart.
Dei geburtstag nit zur summerzeit, - Sondern zua des winters bitterkeit.
Für dei lieling und rosen weiß - Erwölst du großen frost und eis.
Dei wângelein weiß, dei nâselein zoart, - Wia san sie dir so goar erstoarrt,
Und deine liabn gülden äugelein, - Die mit bittern tränen begossa sein. -
Da bring i dir, o Jesulein, a weng woll, - Daß di dei muater fei dreilega soll.
Gib i dir a weng möl noch, - Daß dir dei muater mâcht a koch,
Und wânn i öfter mecht zu dir kemma, - Wollt etwas meres mit mir nema.
Stichl kniet nieder und spricht bei der Opferung
Sei gegrüaßt, du kindalein zoart, - Wia liagst du da so goar erstoarrt,
Dei saal des himels is der groß, - Kummst auf die wölt oarm, nacked und bloß:
Do bring i dir a flaschl von milch, - Hiermit i mi in deinen schutz befilch.
Witok kniet nieder und spricht bei der Opferung
God grüaß die, du liab's kindalein, - Gegrüaßt seist du, liab's Jesulein!
In'n stâll, du, a keni, geborn bist, - Müaß'n di ernern deiner muater brüst:
Bring i, keni, a lamlein klein, - I bitt, du wellst damit zufriedn sein.
Joseph spricht
Es hirten, i sag eng fleiß dank - Vor enger werts opfer und gschank.
Maria singt
16.) Es hirten, i sag eng fleißi dank - Vor enger werts opfer und
gschank.
God laß enger narung wol gedeihn, - Und enger herd und schâf
benedein.
Die Hirten wiegen singend die Krippe
17.) Laßt uns das kindalein wiagn - Und uns zum krippalein biagn
Das Jesulein gebenedeien, - Das kindalein muß ja heilen. - O
Jesulein süeß, o Jesulein süeß!
Die Hirten verlassen den Stall. Joseph schaut ihnen nach. Gallus spricht
Ei, wia is nur dös bewant, - Daß er geborn is so unbekannt
Und leidt solch mangel, frost und költ - Und do regiert dö gânze wölt?
Witok
Hier auf erdn is er kumma oarm, - Auf daß er unser sich erbarm
Und in dem himel mâche reich, - Sâm sanen liabn engerln gleich.
Dös hot er uns getan zu dem end, - Damit sich der mensch von der hoffart abwend
Und nit an solchen prâcht und zier, - Sondern a demüetigs leben füer.
Stichl
Uns kann wol wâchsen der muat, - Wail er ist geborn aus keniglichem bluat,
Kenig David is a an schâfhirt gwesn, - Dessen hob i in der schrift glesn,
Der durch sei kenigliche tât - Den mächtigen Goliath getetigt hât.
Gallus
Âba wenn ma dös unsern gsölln werdn sâgn, - Was si ollhier hot zugetrâgn,
Kan glaubn werdn sie uns gebn, - Sondern a groß glâchter erhebn,
Denn es is mit der sâch so bewândt, - Daß es übertrifft âllen menschenverstând.
Witok
Oni gfoar kânn i's nit verschweign, - I muaß gehn, es dem herrn anzeign
Und morgen na Jerusalem gan - Und glei es dem statthalter zeigen an.
Die Hirten singen im Umzug
wie 14.)
Lustige hirten, freudige knâbn, - Die guate lust zum singen hâbn:
Heja wol auf, und laßt uns singen - Guater dingn, lustig springn.
David, an tâpfrer hirtenjung, - David erfreut uns herz und zung. -
Stichl spricht
Siach, unser Crispus kummt a herbei, - Der uns wird gsuacht hoben
auf der frei. - Grüaß di God, mei liaber Crispus!
Crispus
Dank dir God, mei âlter Stichl!
Gallus
Wia mags mit unser herd und schâfn stehn?
Crispus
Woarli, di schâf in der huat no beisomma sein - Wol von den großn bis auf de klein.
Was bringt ir denn für zeitung nei, - Is woar, was das volk mâcht für a gschrei?
Gallus
Woar ist, zu Bethlahem liegt das kindalein - In anem krippalein, zwischen ochs und esulein.
Wann du das wunder begerst zu ersehen, - Kannst a morgen frua aufstehn - Und mit uns gen Bethlahem gehn.
Crispus
Is es wait dohin?
Gallus
Bis d'hikummst!
Crispus
Jâ, jâ, i wüll mi irgend bedenka
Und wüll dem kind a züpfel vo mein pölzwerk schenka.
18.) Und die hirten wolgemuat - Waren bei den schâfn,
Täten fleiß bei irer huat - Und legten sich schlâfn.
Zu ihnen trat ein engel schnel und Got leuchtet um sie hel,
daß sie sehr erschrecken. Der engel sprach:
fürchtet euch nicht,
ich bring euch eine neue geschicht,
will euch freud erwekken.
19.) Reich und arm sollen fröhlich sein an diesem heutigen tag,
uns ist geborn ein kindalein, das alle ding vermag.
Dazu auch heilig ist, sein nam heisst Jesus Christ,
um unser aller missetat vom himel kommen ist.
-
O mensch, bedenk, wia Jesus Christ
So goar an âlle scheu zu Bethlahem geboren ist
In aner âlten scheun, Wird in a kripp geleit,
Wia uns die schrift anzeigt, wölch's do der hechste kenig ist
auf erden wait und breit.
Die Companei setzt sich auf die Bänke seitwärts vor der Bühne. Der Engel geht auf die Bühne und spricht
Ersame, wolweise, großginstige herrn,
wia a tugendsame fraun und jungfraun in âlln ern,
Bitt, wellts uns nit vor übel han,
Wail ir unser gspül habt ghöret an
Wellts uns zum argen nit auslegn
Sondern unserm unverstand die ursach gebn,
Wenn ma etwas gefölet hier
Und nit gehalten die rechte zier;
Sondern a jedweder das beste betracht,
So wünschn ma von God, dem allmächtigen,
A recht guate nâcht.
Die ganze Companei geht auf die Bühne und bedankt sich.
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Texte über die Weihnachtsspiele von
Rudolf und Marie Steiner, Leopold van der Pals, Karl Schubert
und Hermann Ranzensberger:
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