Anthroposophie        =           Dreigliederung

Impuls - Reaktion - Inkarnation   1919 - 1969 - 2019    Geschichte - Quellen - Material

Der Hymnus an die Erde

Aus dem altindischen Atharvaveda

übersetzt und erläutert von

Hermann Beckh

1934

 

Einleitung

Der Hymnus an die Erde  (Übersetzung)

Erläuterungen zum Hymnus und zur Übersetzung

Anhang

Nachwort des Herausgebers


 

Einleitung

1.

   In einem der ältesten Bücher der Menschheit, im indischen Atharvaveda, findet sich im Anfang des 12. Abschnitts ein Hymnus an die Erde, der durch seinen dichterischen Schwung, durch den Reichtum und die Schönheit seiner Bilder, durch die Tiefe seiner Gedanken, alles dieses reizvoll gepaart mit der naiven Urwüchsigkeit eines noch in einem naturverwandten Dasein lebenden frühen Volkes, heute noch, oder heute wieder, stark und lebendig zu uns spricht. Als ein Dokument kernhaften Urariertums kann der Hymnus empfunden werden. Und er enthält, trotz seiner weit zurückliegenden vorchristlichen Entstehungszeit, manches, was in einem christlichen Zeitalter eine neue Bedeutung gewinnen kann.
   Die uns heute immer so wesentliche und naheliegende Frage nach dem genauen Alter einer Dichtung läßt sich bei der Unsicherheit aller indischen Zeitbestimmung hier nur sehr annähernd beantworten. Gewöhnlich gilt von den vier indischen Veden
(Es sind 1. der Rigveda (Rgveda, r ist vokalisches r), der Veda der Opferhymnen an die Götter;
2. der Samaveda, des ersteren musikalische Ergänzung;
3. der Yajurveda (sprich Jadschurweda), der Veda der Opfersprüche, der in der umfangreichen Brahmana-Literatur (das Wort Brahmana - h etwas hörbar - trägt den Ton auf der ersten Silbe), mit ihrer mystisch-erklärenden Darstellung des kultischen Rituals der Inder eine Ergänzung erhält;
4. der Atharvaveda, der Veda der Zaubersprüche und Besprechungen, mit eingestreuten größeren Hymnen an göttliche Wesenheiten, von denen unser Hymnus an die Erde ein hervorragendes Beispiel ist. Dieser vierte Veda galt den orthodoxen Brahmanen nicht als kanonisch. Für uns ist er heute in vieler Beziehung der interessanteste, zum Teil auch schönste.)
- Veda heißt Wissen, Urweisheit - S8 der Rigveda als das älteste Buch der arischen Menschheit. Sanskritforscher weisen ihm oder seinen "ältesten Teilen" ein bis ins zweite Jahrtausend vor Christus hinaufreichendes Alter zu, während "jüngere Teile" ins erste Jahrtausend, ja bis in dessen Mitte herunterreichen sollen. Damit würden sie in die zeitliche Nähe Buddhas (500 v.Chr.) rücken, was durchaus unwahrscheinlich ist; denn das Zeitalter Buddhas hat schon den Charakter einer späten Dekadenz, alles Vedische hingegen den des Hochaltertümlichen. Für Buddha selbst und die buddhistischen Schriftsteller sind die Veden Dokumente eines unvordenklichen Altertums, einer im Schleier des Unberechenbaren sich verlierenden Urzeit, für die sich im Gegenwärtigen keine Maßstäbe mehr finden. Wir werden darum doch auch den sogenannten "jüngeren Teilen des Veda" ein wesentlich höheres Alter zubilligen dürfen, als die Gelehrten wollen.
   Auf Grund bestimmter astronomischer Angaben im Veda - es handelt sich um den Frühlingspunkt und um den Polarstern - wollte ein namhafter Sanskritforscher (Prof. Jacobi in Bonn) dem Veda, dem Rigveda zunächst, ein um Jahrtausende höheres Alter zuerkennen. Auf den Widerspruch eines Fachgenossen hin zog er seine S9 Hypothese zurück. Den Wahrheitskern, den sie gleichwohl enthielt, läßt die Anthroposophie uns heute ahnen, wenn sie uns den Zusammenhang der großen Menschheitskulturperioden mit denen des Weltenjahres und damit der Tatsächlichkeit der - vorgeschichtlichen - urindischen Kulturzeit mit ihrem noch ins achte Jahrtausend vor Christus hinaufreichenden Anfang (Frühlingspunkt im Krebssternbild) erkennen läßt und gleichzeitig beton, daß aus dieser fernen Urzeit keinerleiDokumenteerhaltensind, daß auch alle vedische Überlieferung doch nur ein später, wenn auch in die Jahrtausende zurückreichender Nachklang dieser alten spirituellen Urkultur ist.
   Auch wenn wir in diesem Sinne von vedischer Überlieferung sprechen, dürfen wir zunächst nicht an schriftliche Aufzeichnung dabei denken. Die ältesten indischen Handschriften - sie sind auf Birkenrinde geschrieben - stammen aus nachchristlicher, frühmittelalterlicher Zeit. Die Überlieferung des Veda war ursprünglich - durch die Jahrhunderte und Jahrtausende hindurch - eine rein mündliche, wobei wir uns gegenwärtig halten müssen, daß das Gedächtnis der Menschen in jener alten Zeit ein unvergleichlich höher entwickeltes und treueres war als heute: es ist sogar so, daß wesentliche Unsicherheiten und Unrichtigkeiten der Überlieferung erst da auftreten, wo sie der Schrift anvertraut wird.
   Daß nun neben dem Rigveda auch dem Atharvaveda ein ganz besonders hohes Alter zukommt, wird auch von Sanskritforschern zugegeben. Winternitz in seiner Geschichte der indischen Literatur (Leipzig 1908) glaubt in den Zaubersprüchen und Zauberhymnen des Atharvaveda S10 ein in die indogermanische Vorzeit zurückreichendes Element zu erkennen. Auf eine gewisse Ähnlichkeit zwischen mittelalterlich-deutschen Besprechungsformeln und solchen des Atharvaveda ist öfter hingewiesen worden. Da hier bestimmt nicht eine Quelle aus der andern geschöpft hat, ist die Schlußfolgerung auf ein Zurückreichen beider in eine ferne indogermanische Urzeit naheliegend. Ein ähnliches Verhältnis besteht ja zwischen dem Rigveda-Liede (X,97) an den geistigen Urmenschen (Puruscha) und dem, was in der Edda vom Urriesen Ymir überliefert wird: einzelne fast wörtlich übereinstimmende Verse legen den Schluß auf den gemeinsamen Ursprung beider Quellen in indogermanischer Urzeit nahe, wenn wir auch wissen, daß die Aufzeichnung der Edda erst im christlichen Mittelalter stattfand, so daß manche Gelehrte sie überhaupt nicht für älter halten, während sie dem Rigveda immerhin ein in die Jahrtausende zurückreichendes Alter zuerkennen.
   So ist es beim Atharvaveda vor allem der magische Inhalt, der dem Sanskritforscher das hohe Alter auch dieses Veda einleuchtend macht. Ob er gerade den Hymnus an die Erde für übermäßig alt halten, ob er ihn nicht den "jüngeren Teilen" dieses Veda zurechnen wird, bleibe dahingestellt. Man hat für das jüngere Alter des Atharvaveda gegenüber dem Rigveda dieses angeführt, daß von indischen Raubtieren im Rigveda nur der Löwe erscheint, während der Tiger erstmals im Atharvaveda vorkommt. Erst in späterer Zeit, als die von Norden eingewanderte arische Bevölkerung Indiens bis in die Sumpfniederungen Bengalens herunterkam, hätte sie dort den S11 Tiger kennengelernt (der ja auch in Vers 49 des Hymnus an die Erde erwähnt wird). Doch ist diese ganze Schlußfolgerung nicht zwingend. Eher könnte die Betonung "verschiedenen Rechtes" in Vers 45 neben der sprachlichen Verschiedenheit der Völker als etwas verhältnismäßig Modernes empfunden werden. Doch weisen die Inder selbst ihren Rechtsinstitutionen ein unvordenklich hohes, bis auf den Manu, den Stammvater der nachatlantischen Menschheit zurückreichendes Alter zu.
   Es gehört zu dem Reizvollen unseres Hymnus, daß in ihm so manches ganz modern Anmutende sich mit dem verbindet, was wieder auf eine ferne Vorzeit hinweist. Mit einem allerwertvollsten Stück urältester Menschheitsdichtung haben wir es hier zweifellos zu tun, bei dem wir recht bescheiden sind, wenn wir es versuchsweise an das Ende, wenn nicht in den Anfang des zweiten Jahrtausends vor Beginn unserer Zeitrechnung setzen. Mit einigem Recht könnte man vielleicht diesen Hymnus an die Erde die älteste moderne Dichtung oder das modernste Stück uralter Dichtung nennen.
   Auch sein Zusammenhang mit dem magischen Inhalte des Atharvaveda - er wird in einigen Strophen ja deutlich spürbar - spricht für das hohe Alter gerade dieses Hymnus. Denn dieses "Magische" gehört den ältesten Zeiten der Menschheitsvergangenheit an. Anthroposophie spricht von dem "Naturgewaltigen" der alten Atlantis - deren Wirklichkeit der heutigen Wissenschaft verschiedenster Gebiete immer einleuchtender wird -, spricht insbesondere von dem Naturgewaltig=Zaubermächtigen des Wortes in jener fernen Menschheitsurzeit S12 (wo der Mensch noch aus einer feineren, für geistige Einwirkung noch empfänglicheren Substanz gebildet, mehr übersinnlicher Natur war). Daß gerade in die urindische Zeit, als in die älteste der nachatlantischen Kulturen, dieses Naturgewaltig=Magische der Atlantis hereinragt, ist natürlich. Nur hat der Inder dann andere, mehr nach dem Denkerischen hin liegende Kulturaufgaben zu erfüllen, die ihn jenem Naturgewaltigen immer mehr entfremden, die seine Geistigkeit immer mehr verinnerlichen, zum Teil immer erdenfremder machen. Wir können dieses sich immer mehr Verinnerlichende der späteren indischen Geistigkeit mystisch nennen, während wir die mehr naturverwandte, naturgewaltige Geistigkeit einer älteren Vorzeit als magisch bezeichnen. Magisch nennen wir also eine Geistigkeit, die noch das Irdische ergreift, bearbeitet, durchdringt, verwandelt, während wir die dem Irdischen sich entfremdende, mehr einseitig im Innern webende Geistigkeit als mystisch bezeichnen. Der Inder - das läßt sich bis in den scheinbar so sehr das Magische noch betonenden, indischen Erkenntnisweg, den Yoga, hinein zeigen  streift das Magische der Urzeit immer mehr ab, entwickelt sich immer mehr zum bloßen Mystiker, während der Zarathustra=Impuls Ur=Irans (1) (d.h. der urpersischen Kultur) noch einmal stark S13 das Magische der Urzeit in sich aufnimmt und von da aus zu einer Geistigkeit kommt, die die Arbeit am Irdischen, das Gestalten und Umgestalten des Irdischen stark betont. Wie der Inder der Urmystiker der Menschheit, ist der Urperser, ist vor allem Zarathustra selbst - der von Plutarch erwähnte frühere Zarathustra, nicht der spätere des Avesta - der Urmagier.
(1: Auch hier ist im Sinne der Anthroposophie ein vorgeschichtliches Zeitalter gemeint, das sich nach dem Frühlingspunkt im Zwillingssternbilde bestimmt, also bis ins 6. Jahrtausend hinaufreicht. Wie von der urindischen Zeit der Veda, enthält von dieser urpersischen Zeit der viel jüngere Avesta nur einen späten Nachklang. Näheres über diese Dinge findet man in des Verfassers Büchlein "Zarathustra" - Verlag Urachhaus Stuttgart; vergriffen. >hier anklicken  13d Zarathustra<)
   Gerade diese Feststellung ist aber für das Verständnis des Atharvaveda=Hymnus an die Erde, des Atharvaveda überhaupt, auch für alle zeitliche Bestimmung dieser Dichtungen nicht ohne Bedeutung. Denn es kann doch wirklich in Erstaunen setzen, wie der "erdenfremde" Inder, dessen Geistigkeit sich immer mehr nach dem Einseitig=Mystischen hin entwickelt, hier den Blick der Liebe auf die Erde richtet, wie er mit überschwenglicher Verehrung, mit zartestem Mitempfinden zur "Mutter Erde" spricht, wie er mit einem intim allen Einzelheiten sich hingebenden Künstlerauge die Natur betrachtet. Im Gegensatz zu der mehr abstrakten Geistigkeit anderer vedischer Dichtungen können wir an diesem Hymnus die dichterische Bilderfülle, die farbenreiche Schilderung bewundern. Vom Naturgewaltigen der Urzeit können wir da noch überall etwas verspüren. Nicht das mehr Mystische des späteren Indertums, sondern das Naturgewaltig=Magische der alten Urzeit hat den Atharvaveda-Hymnus an die Erde eingegeben. Der magischen, als der dem Irdischen und seiner Gestaltung zugewendeten Geistigkeit entspricht die ganze Richtung des Blickes auf die S14 Erde. Es ist innerlich folgerichtig, daß im magischen Veda, im Atharvaveda, auch die Erde, und gerade die Erde als geistige Wesenheit, als "Mutter Erde" gefeiert wird. Dieser uns so vertraute, mehr indogermanische als indische, übrigens auch dem Rigveda nicht fremde Ausdruck "Mutter Erde" findet sich an mehreren Stellen des Atharvaveda=Hymnus. Dieser hat, wie der Veda überhaupt, mehr indogermanisches, urarisches Gepräge als den weichen Charakter des späteren Indertums, wie wir es etwa - um das Vorzüglichste anzuführen - aus den Dichtung Kälidäsas kennen.
2.
   Es muß ein tief in die Urweisheit Eingeweihter gewesen sein, der die Inspiration dieses Hymnus an die Erde empfing oder von dem sie ausging, zugleich ein Dichter, der es verstanden hat, sich auf der anderen Seite wieder ganz der schlichten, naiven Art eines naturwüchsigen Urvolkes anzupassen und auf sie Rücksicht zu nehmen. Gerade die Verbindung dieses of Kindlich-Naiven mit dem Tief=Weisheitsvollen und Erhabenen macht den eigentümlichen Reiz dieser alten Dichtung aus. Sie atmet noch den Hauch eines naturverwandten Daseins, wie es die ältesten arischen Inder in den Gebieten südlich des Himalaya - der im Hymnus ja mit großartigem Natursinn angeschaut und gefeiert wird - noch geführt haben. Ein Hauch von dem, was wir auch heute noch in gewissen Alpenvorländern zuweilen empfinden können, weht in dem Atharvaveda=Hymnus an die Erde.
   Die hier vorgelegte Übersetzung, die einem außerordentlich schwierigen Urtext (1) in langer, mühsamer Arbeit abgerungen ist, ohne daß dabei irgendwelche andere schon vorhandene Übersetzungen als Anhaltspunkt oder Vorbild hätten dienen können, versucht bei allem Streben, den genauen Wortsinn zu erfassen, doch zugleich dem Ganzen diejenige dichterisch=künstlerische Form zu geben, die der dichterische Schwung des Urtextes fordert.
(1 Die Sprache ist altes vedisches Sanskrit mit seinen zum Teil noch problematischen, weil einer älteren Phase des Menschheitsbewußtseins entsprungenen Wortbedeutungen, die nicht immer so, wie diejenigen einer modernen Sprache, oder auch des späteren klassischen Sanskrit, einfach feststehen).
   Neben diesem dichterischen Schwung, der Poesie des Ausdrucks fällt auch das kunstvolle Gefüge, der dichterisch=sinnvolle und künstlerische Aufbau des Ganzen ins Auge. Eine gewisse Gliederung in Abschnitte, in sieben Abschnitte vielleicht, scheint sich dabei zu ergeben. Ein immer wiederkehrender Gedanke ist der der Bedeutung des Priesterwirkens, des vom Menschen ausgehenden oder durch den Menschen hindurchgehenden geistigen Leben überhaupt, für die Entwicklung und das Gedeihen der Erde. Nicht einseitig als etwas Materiell=Stoffliches, sondern als eine geistigeWesenheit betrachtet der alte Inder die Erde, die an alle, was geistig im Menschen lebt, Anteil nimmt, die vom geistigen Leben des Menschen selber mit gehalten und getragen wird. Öfter, wenn dieser den ganzen Hymnus eröffnende Gedanke wiederkehrt, können wir dieses als den Beginn eines S16 neuen Abschnitts empfinden. So kehrt, nachdem in einem ersten Abschnitt die Erde mit ihren Höhen und Tiefen, ihren Ackerfeldern und Wäldern, Meeren und Strömen, mit der Majestät ihres Hochgebirges, mit allem, was sie außen und innen trägt, gefeiert wurde, jene Erinnerung an die Bedeutung des Priesterwirkens wieder in der 13. Strophe: der zweite Abschnitt, den wir uns hier beginnend denken können, gipfelt dann in der Verherrlichung des Feuers, das in der Erde, auf der Erde und über der Erde waltet. Dann leitet wieder in Vers 22 die Erwähnung des Opfers und der Opferspende einen neuen Abschnitt ein, in dem das vor allem kultische Opfer in so enger Beziehung stehende Motiv des Wohlgeruchs der Erde und ihrer Substanzen das Wesentliche ist. Minder scharf ist der Übergang zu einem etwa mit Vers 26 beginnenden weiteren Abschnitt, der mit gewissen, an das kultische Ritual erinnernden Verehrungsformeln an die Erde eingeleitet wird. Auch hier ist (Vers 29) noch einmal davon die Rede, wie die Erde durch die Geisteskraft des heiligen Gebets (brahman) ihr Wachstum hat. In diesem Abschnitt spielt das Motiv des inmitten der Erdenkräfte zu haltenden Gleichgewichts eine Hauptrolle und wird nach verschiedenen Seiten hin anmutig durchgeführt. In Vers 37 wird ein weiterer Abschnitt wiederum deutlich mit der Erwähnung des Priesterwirkens eingeleitet: die Erde als Kampfplatz für Götter und Menschen erscheint hier als Hauptmotiv. Von da führt ein innerer Zusammenhang auf die Schilderung aller das Erdenleben bedrohenden Mächte in der Tierwelt, in Menschenwelt und in übersinnlichen Welten. Nachdem dieser Abschnitt mit S17 einer bilderreichen Schilderung des Gewitters geschlossen hat, beginnt mit Vers 53 ein siebenter und letzter Abschnitt, in dem nunmehr der Aufblick zu dem Menschen als dem Herrn der Erde das Ganze krönt. Was die Kräfte der Erde und aller ihrer Elemente auch für das Geistige des Menschen bedeuten, das findet in diesen Strophen einen gewaltigen Ausdruck. Hier vor allem ist das Gebiet, wo wir uns fast näher dem Persertum als dem gewöhnlichen Indertum fühlen. Hier erhebt sich in Strophe 60, 61 der Hymnus bis zur Höhe derjenigen Weistümer, die wir heute mit dem Christusnamen verbinden - im Indischen erscheint dafür der Name Wischwakarman -, die ja vor allem die Weistümer des Geistigen der Erde, der Durchdringung des Irdischen mit dem Himmlischen sind.
   Über das Hindurchschimmern dieser Weistümer in dem Atharvaveda-Hymnus soll dann im Anhang noch einiges Nähere gesagt werden. Zunächst soll jetzt der Hymnus bzw. die hier versuchte Übersetzung im Wortlaut folgen. Daran werden sich Anmerkungen schließen, die zu den einzelnen Strophen zunächst die für weitere Kreise wünschenswerten Erläuterungen geben, außerdem auch einiges mehr Philologische berühren, was für den die Übersetzung prüfenden Freund und Kenner der alten Texte wichtig ist.
Atharvaveda XII1
I*
(Die rosa gekennzeichneten Zahlen verweisen auf die Erläuterungen im Anschluß an die Übersetzung)
Sprich im Sanskrit °r wie im Deutschen etwa ri (vokalisches r), y wie j, v wie w c wie tsch, j wie dsch, °t, °d, °n mit zurückgebogener Zungenspitze, ´s wie sch, °s wie sch gleichfalls mit zurückgebogener Zungenspitze. Akzente bezeichnen hier die betonte Silbe; Überstriche (â) bezeichnen lange Vokale, e und o sind immer lang. - In der Übersetzung sind indische Namen aber in deutscher Sprechweise geschrieben.
1      sátya°m b°rhád °rtam úgra°m dík°sa tapó
bráhma yaj^na°h p°rhivî°m dhárayánti
sâ no bhûtásya bhavyásya pátny
uru°m lóka°m p°rthiví na° k°rnotu
.......
8      yár°nave 'dhi sálila°m agra âsîd
yâm mâyâbhir anvavcarán maní°sina°h
yasyâ h°rdaya°m paramé vyóman(t)
satyénâv°rtam ám°rtam p°rthívyâh
sâ no bhûmis tvi°sim bala°m râ°s°tre dadhátu uttame
.......
11      gírayas te párvatâ himavánto
ará°nya°m te p°rthivi syónam astu
bábhru°m k°r°s°nâm róhinîm visvarûpâm
dhruvâ°m bhûmi°m p°rthivím indragúptâm
ajîto ahato ak°sato adhya°s°thâm prthivím aham
* Die arabischen Ziffern beziehen sich auf die im Urtext enthaltene Strophenzählung (drei Strophen sind in der Übersetzung als vermutlich unecht weggelassen), die römischen Ziffern auf die vom Übersetzer vorgeschlagene Gliederung in Unterabschnitte.
Der Hymnus an die Erde
(Atharvaveda XII,1)
I*
1       Die große Weltenwahrheit,
die erhabene Ordnung des Naturgeschehens
und des religiösen Lebens,
die priesterliche Weihe und die ernste
Innenarbeit des geistig sich Vertiefenden,
das heilige Gebet und Wort, das Opfer,
sie erhalten die Erde aufrecht in ihrem Gang.
Sie, die uns Walterin ist von allem, was da ward
und was noch wird,
sie schaffe unserem Dasein weiten Raum,
2       und daß wir unbeengt von Menschen sind
inmitten der Menschen.
Sie, der die Höhe angehört und der jähe
Absturz, die weite Steppe auch,
S22 die Erde, die der Kräuter mannigfache Kraft
und Tugend trägt,
sie dehne sich uns weit und sei uns gütig.
3       Auf  der das Meer ist und der große Strom,
auf der die Wasser sich ergießen,
auf der in Ackersaat für Menschensaat die
Nahrung wächst,
die Erde, auf der alles, was da atmet und sich regt,
sein Wesen hat,
sie lasse uns von ihrer unberührten Frische trinken.
.......
5       Auf der der Vorzeit frühe Völker sich
verbreiteten,
wo Götter gegen feindliche Dämonen kämpften,
und wo der Rinder, Rosse, Vögel mannigfache
Art gedeiht,
die Erde, sie verleih' uns gnädig Glück und Glanz.
6       Die alles trägt und Schätze birgt,
die uns der feste Grund, die sich're Stütze ist,
die Gold in ihren Brüsten hat und aller
Weltenwesen Wohnung ist,
die das geheime Feuer in sich birgt,
deren befruchtende Ätherkraft Gott Indra ist,
die Erde setze uns in Wohlstand ein.
S23
7        Sie, unsere heimatliche Erde, über der immerfort
schlummerlos Götter wachen,
sie möge uns den lieben Honig spenden,
ja, sie beträufle uns mit ihrem Glanz.
8       Sie, die im Schöpfungsurbeginne wogend
Urgewässer war,
an der mit schöpferischen Zauberkünsten sie
durchstreifend weise Seher wirkten,
sie, deren Herz, der Erde unsterblich Herz,
im höchsten Himmel ist,
von Weltenwahrheit eingehüllt,
sie, unsere Erde, sie verleih' uns Glanz und
Kraft zu wahren Herrschertums Inbegriff.
9       Auf der die Wasser in immer gleichem Kreislauf
strömen unablässig Tag und Nacht,
sie, unsere Erde, möge uns aus vielen Strahlen
Milch ergießen,
ja sie beträufle uns mit ihrem Glanz.
10        Die einst des Morgensternes Götterzweiheit
ausmaß,
die Wischnu auch, der Alldurchdringende,
durchschritt,
die Indra einst, der Herr der Kraft, sich frei
von Feinden schuf,
sie, unsere Erde, lasse mir, gleichwie dem Sohn
die Mutter, strömen ihre Milch.
S24
11        Zu Heil und Wohlgefallen seien deiner Gipfel
Riesen,
deine schneebedeckten Berge und deine Wälder
mir, o Erde;
auf braunem, schwarzem, rötlichem,
vielfarb'gem Erdengrunde,
auf dieser festen Erde, der von Indra
wohlbehüteten,
auf ihr will ich stehn unüberwindlich, ungetroffen,
unverletzt, auf dieser Erde, ich.
12       Was deine Mitte ist, o Erde, was dein Nabel,
und was für Nahrungssäfte deinem Leib entquellen,
damit laß uns gesegnet sein;
erfließe uns in klaren Strömen, Mutter Erde,
ich bin dein Sohn, der Sohn der Erde,
Pardschanja, der Regengott, ihr Vater,
schenke uns die Fülle.
II.
13       Auf der des Weiheopfers vielgeschäft'ge Künstler
den Weihealtar priesterlich umsorgen,
und wo sie dann des Opfers geheime Fäden spannen,
S25 und wo die Opferpfosten werden abgesteckt,
die reinen vor der reinen Opferspende,
sie, diese Erde, die da selber wächst
und sich entwickelt,
helfe uns zu unserm Wachstum.
14      Den, der uns haßt, o Erde, den, der feindlich
uns bekämpft,
der mit Gedankenkräften oder auch mit
tödlichem Geschoß uns etwas antun will,
den gib in unsere Macht, o Erde, komme ihm zuvor.
15      Von dir geboren, wandeln auf dir die Sterblichen,
zweifüßige Menschen trägst du und vierfüßige Tiere;
von dir, o Erde, stammen diese fünf
Menschenstämme,
vor deren Sterblichkeit das unsterbliche Licht im
Sonnenaufgang seine Strahlenfülle breitet.
.......
17      Die allgebärende, der Pflanzen Mutter,
die zuverlässige, die beständige Erde,
die von der heiligen Weltenordnung getragen wird,
die wohlgesinnte, gütige, wollen immerdar
betreten wir mit sanftem Tritt.
S26
18      Du große Heimatstätte, deine Macht ist groß,
mächtig dein ungestümer Ruck,
dein Zittern, dein Erbeben;
der große Indra hütet dich ohn' Unterlaß.
O Erde, leucht' uns immerdar in goldnem Schein,
laß niemand unsern Hasser sein.
19-20      Feuer ist in der Erde, Feuer in den Pflanzen,
Feuer tragen in sich die Wolkenwasser,
Feuer ist in den Steinen.
Und so ist inneres Feuer in den Menschen,
ist Feuer auch in Rindern und in Rossen;
des Himmels Feuer brennt herab von oben,
göttlich Feuer weset im weiten Luftraum;
auf Erden zünden dieses Feuer an die Menschen,
den Gott, der ihre Opferspende emporträgt,
ihres Opferschmalzes Freund ist.
21      In ihrem Feuerkleid, gleich einem Schmied mit
berußtem Knie,
wolle die Erde mir strahlend Feuer, scharfen
schneid'gen Schliff verleih'n.
III S27
22      Auf Erden bringen ja den Göttern die Menschen
das kultgerechte Opfer dar,
und davon leben wiederum die Menschen,
die sterblichen,
von der Manenspende auch,
der Nahrung für die Toten.
Davon gewähre wiederum die Erde uns
Lebenskraft und Lebensdauer auch,
die Erde schaffe langes Leben mir.
23      mit deinem Wohlgeruch, o Erde,
der da von dir aufsteigt,
den Kräuter, Blumen an sich tragen und die Wassersäfte,
den Wesenheiten der Lüfte und des Wassers gern genießen,
mit dem verleihe mir selber Wohlgeruch,
niemand sei uns feind.
24      Mit deinem Duft, o Erde,
wie er in die blaue Lotosblume einging -
die Duftessenz, die einstmals bei der
Hochzeitsfeier der Sonne
die Götter, die unsterblichen,
im Urbeginn bereiteten -
mit dem verleihe mir selber Duft,
es sei uns niemand feind.
S28
25      Mit deinem Wohlgeruch, wie er in Menschen ist,
in Männern und in Frau'n,
der lieblich uns behagt,
der da in Rossen und Rossekämpfern ist,
in Wildgazellen und in Elefanten,
mit dem auch,
was der Blütenschimmer des jungen Mädchens ist,
o Erde, mit dem beträufle uns,
es sei uns niemand fein.
IV.
26      Fels ist die Erde, Stein und Staub,
So ist die Erde fest gefügt,
Ihr, die das Gold in ihren Brüsten birgt,
der Erde bringe ich Verehrung dar.
27      Auf der des hohen Waldes Bäume
festgewurzelt stehen immerdar,
die allernährende, die allerhaltende,
die feste Erde grüßen wir.
28      Ob wir uns nun erheben oder sitzen,
stehen oder gehen,
ausschreitend mit dem rechten, mit dem linken Fuß,
nicht wollen straucheln wir auf dieser Erde.
29      Die läuternd reine grüß' ich, die geduld'ge Erde,
die durch das heilige Gebet ihr Wachstum hat.
S29 Auf dir, o Erde, die du Lebenssaft und Nahrung,
die zugewiesene Speise uns und Butter bringst,
wollen wir uns Hütten bau'n.
30      Rein sollen unser Körper deine Wasser fließen;
was unrein ist, gehöre dem Widersacher;
durch Wassers Läuterung mache rein ich mich, o Erde.
31      Was deiner Himmelsräume Richtung ist, o Erde,
dein Osten und dein Norden, Süden, Westen,
sie alle seien lind und gnädig mir,
allwo ich wandle;
laß nicht zu Fall mich kommen,
der ich so im Weltall fest verankert bin.
32      Bring' nicht aus unserm Gleichgewichte uns, o Erde,
stoß' uns nicht vorwärts, rückwärts, aufwärts, abwärts.
Sei uns zum Heile und zur Wohlfahrt, Erde;
nicht finde uns der Wegelagerer,
halt' fern von uns das tödliche Geschoß.
33      Solange mit der Sonne als Genossen
ich auf dich niederschauen darf, o Erde,
solange lass' das Licht des Auges mir nicht schwinden,
indem ich altere von Jahr zu Jahr.
34      S30 Wenn, auf dir liegend, ich mich wend', o Erde,
von meiner rechten nach der linken Seite,
wenn, so daß deinen Rücken du uns wendest,
mit unsern Rippen wir auf dir zu liegen kommen,
dann wolle uns nicht wehtun, liebe Erde,
Du, die du allem Widerlage bist.
35      Was immer ich aus deinem Schoße grabe,
das möge rasch nachwachsen, liebe Erde;
nicht will ich, Lautere, treffen dich ins Lebensmark,
nicht dein Herz durchbohren ich.
36      Dein Sommer, Erde, deine Regenzeit,
dein Herbst, dein Winter auch, dein Frühling
und des Vorfrühlings Kältezeit,
die Jahreszeiten alle, wie sie wohl geordnet sind,
die Wechsel alle, die es gibt von Jahr zu Jahr,
von Tag und Nacht,
sie alle sollen laben uns.
V
37-40      O Reine, die die Schlange du verscheuchtest,
auf der die Feuer zündeten, die in Wolkenwassern weilten,
womit du schlugst das gottverachtende Barbarenvolk,
S31 die du zu Indra dich bekanntest, nicht zum Drachen,
Du Erde, die zu Indra hielt,
dem stiergewalt'gen Herrn der Kraft.
allwo der Opfertraum, das Opferdach,
der Opferpfosten abgemessen wird,
wo opferkundige Brahmanen zelebrieren mit Opferrythmen und Gesängen
und wo des Opfers kundige Helfer angespannt
den Somatrank für Indra zubereiten,
allwo der Vorzeit schöpferische weise Seher
des Lichtes Kühe durch Gesang zum Vorschein brachten,
in ihrer Siebenzahl zusammensitzend,
durch ihres Opfers, ihrer geistigen Vertiefung Kraft,
die heil'gen Rischis,
sie, diese Erde, weis' uns immer zu, was wir an Reichtum uns ersehnen,
der Herr des Brotes halte sich zu uns,
Indra komme zu uns, er sei unser Führer.
41      Die Erde hie, auf der die Menschen singen
und tanzen und jauchzen ausgelassen=mannigfalt,
und wo sie kämpfen, wo der Schlachtenlärm ertönt,
die Trommel zum Streite ruft,
S32 sie, diese Erde, sie verdränge unsere Nebenbuhler,
sie mache frei vom Widersacher mich.
42      Der Erde, wo in Reis und Gerste
des Feldgetreides Nahrung wächst,
wo der Menschheit fünffache Saat
der Ackersaat fünffache Weise pflegt,
der Braut des Regengotts Pardschanja,
die durch Regen fett und fruchtbar wird,
ihr sei Verehrung dargebracht.
43      Auf der des Hochlands Götterburgen ragen,
auf der im Niederland die Menschen hadern,
die Erde, die der Mutterschoß von allem ist,
der Schöpfer mache sie uns lieblich allerwegen.
44      Was vieler Orten sie an Schätzen birgt,
verborgenes Gut, den Bergkristall, das Gold,
das mache mir die Erde zum Geschenk.
Des Guten Spenderin, sie schenke uns die Güter,
die Göttin Erde, die Allspenderin, güt'gen Sinnes.
45      Die Erde, die so vielgestalt'ge Völker,
verschiedener Sprache, je nach ihrer Heimat,
und verschiedenen Rechtes,
an verschiedenen Orten trägt,
S33 sie spende mir in tausend Strömen reiches Gut,
der treuen Milchkuh gleich, die sich nicht sträubt.
VI
46      Was da an Schlangen= und Skorpiongewürm
mit scharfem Biß und Stich im Winter sich verkriecht,
und stumpf und starr verborgen liegt,
was dann in Sommers Regenzeit sich regt,
hervorkommt und lebendig wird, o Erde,
dein kriechendes Gewürm, es krieche nicht an uns;
was harmlos, freundlich ist, begegne uns.
47      Wo deine vielverschlungenen Wege sind,
auf denen Menschen gehen, deine Straßen,
wo Lustgefährte rollen und Lastwagen fahren,
wo beide wandeln, Gute auch und Böse,
da wollen wir den Weg für uns gewinnen,
der frei vom Feinde, frei vom Räuber ist;
was harmlos, freundlich ist, begegne uns.
48      Die Erde, die den stumpfen Toren trägt,
gleichwie den weisen, den erhab'nen Lehrer,
sie, die des Guten wie des Bösen Untergang mit Gleichmut hinnimmt,
S34 die mit dem Wildschwein, mit dem bösen Eber sich verträgt,
gar gerne schafft sie Raum auch der Gazelle.
49 Die wilden Tiere deines Waldes, die in Urwalds
Wildnis streifend, dort ihr Wesen treiben,
Löwen und Tiger, die an Menschen gehen,
Schakal und Wolf, o Erde, und den Werwolf,
den Dämon-Unhold, scheuche fern von uns.
50      Die bösen Wesen in den Lüften und im Wasser,
Nachtmare und Schwarzalben,
alle die Teufelsgespenster und Dämonen,
die halte, Erde von uns fern.
51-52      Wenn ängstlich dann der Luft
beschwingte Wesen sich zusammenscharen,
Wildgänse, Adler, Geier und andere Gevögel,
wo dann der Sturm, die Windsbraut wild einherfegt,
Staubwolken dicht aufwirbelt und die Bäume zur Seite biegt,
und wo dem Sturmesbrausen folgt die lichte Flamme,
wo Finsternis und Helle, rasch einander folgend, sich vermählen,
S35 die sonst als Tag und Nacht getrennt auf Erden,
und wo die Erde dann vom Regen ganz durchtränkt wird,
da bringe sie uns freundlich in die liebe Wohnung,
jeden in sein Haus.
VII
53      Der Himmel und die Erde und die Luft,
sie gaben mir dies allumfassende Begreifen,
das Feuer und die Sonne und das Wasser,
die Götter alle haben mit weiser Einsicht mich begabt.
54      Ja ich, der Mensch, ich bin's, der alles kann,
ich bin der Herr der Erde, der überstarke bin ich,
ja der allgewaltige, der übermächtige in allen Räumen.
55      Als damals, in der Frühwelt erstem Morgenrot erstrahlend,
Du, von den Göttern hochgepriesene Göttin, deine Pracht ausgossest,
da drang ein Wohlgefühl in dich hinein,
damit erfülltest du alle vier Himmelsräume.
56      In allen Dörfern und in allen Wäldern,
an Orten überall, wo Menschen sich zusammenfinden,
S36 wo sie ihr Treffen, ihre Volksversammlung haben,
da wollen, Erde, wir dein Lob verkünden.
57      Gleichwie ein Roß den Staub,
so schüttelte sie von sich ab der Menschen Geschlechter,
die von ihres Daseins Anbeginne an sie bewohnten;
als holde Weltenhüterin ging immer sie voran,
sie, die Bewahrerin der Bäume, Kräuter, Blumen.
.......
59      Sanftmütig, würzig duftend und gelinde,
den süßen Trank im Euter führend,
strotzend von süßer Milch,
so soll die Erde bieten mir mit trautem Zuspruch ihren Trunk.
60-61 Die einst der göttlich=schöpferische
Weltenkünstler mit seinem Opfer suchte,
als sie im Wasser= und Luftgewoge sich verborgen hielt,
das dann zur Offenbarung kam und zum Genuß
ward allen, die von Müttern stammen -
ein köstlich Kelchgefäß, verschlossen im Versteck,
S37 Du bist das Kelchgefäß, der Menschen Himmelsmutter,
bist als die Wunschgewährende weithin berühmt,
was dir gebricht, das fülle auf der Weltenschöpfer,
der Erstgeborene der hohen Weltenordnung.
62      So seien, als die Kinder deines Schoßes,
von Krankheit, von Auszehrung ledig wir, o Erde;
zu unserem langen Leben wollen wir erblüh'n,
so wollen wir des Dankes Schuld dir abbezahlen.
63      O Mutter Erde, laß in deiner Huld
mich immer wohlgegründet sein.
Im Einverständnis mit dem hohen Himmel,
hilf mir, du weise Seherin, zu Heil und Glück.
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