II,12 Die Inkarnation Ahrimans im Westen
Es gibt, wie ich anführte, drei Inkarnationen geistiger Wesenheiten auf der Erde, die des Luzifer, des Christus und des Ahriman. Die beiden ersten Verkörperungen durch Luzifer und namentlich durch Christus brachten Bedeutendes für die Menschheit. In gleicher Weise wird die jetzt kommende dritte Verkörperung etwas Entscheidendes bringen. Die Verkörperung Ahrimans wird wie die des Luzifer einen Wendepunkt bringen. Könnten jedoch die Menschen mit wachem Bewußtsein diesem Ereignis entgegengehen, dann könnte manches, was sich sonst verhängnisvoll auswirken würde, vermieden und gewandelt werden. Sie wird unweigerlich kommen. Aber es könnte Ahriman manches abgetrotzt werden: "Eine Aufgabe der Menschheit während der nächsten Entwicklungsphase der Zivilisation wird sein, der Inkarnation Ahrimans entgegenzuleben mit solch wachem Bewußtsein, daß die Inkarnation Ahrimans wirklich einer höheren spirituellen Entwicklung dienen kann." Man vergegenwärtige sich, was mit diesen Worten ausgesprochen ist, was das Wachsein von einer Anzahl von Menschen gegenüber dem Ahrimangeschehen für die Menschheit bedeuten kann. Es ist die Aufgabe der wachen Menschen auf der Erde, und besonders auch der wachen Menschen im Westen - denn dort wird die Inkarnation Ahrimans stattfinden - ein möglichst klares Bild zu erhalten von dem, was Ahriman durch seine Inkarnation auf Erden erreichen will: "Deshalb müssen wir gerade auf dem Boden der Geisteswissenschaft betonen, wie die Dinge objektiv sind: Daß also Ahriman seine Inkarnation vorbereitet - woran man erkennt, wie er sie vorbereitet - wie man sich als Mensch dazu zu stellen hat" ("Die geistigen Hintergründe der sozialen Frage" GA190,BdIII).
Auch diesmal wird ein bestimmter Mensch vorbereitet werden, um im richtigen Augenblick Ahriman in seinem Erdenleib Platz zu machen, damit er sein Wirken auf der Erde beginnen kann. Daß er schon in einer größeren Anzahl Menschen als Schriftsteller auf allen Gebieten des Wissens, der Kunst, des sozialen und religiösen Lebens tätig sein konnte, leitet seine wirkliche Inkarnation nur ein. Dann wird er selbst "im Fleische" auf Erden tätig sein, und zwar in einer sehr differenzierten Weise. Eine besonders wichtige, fast unerwartete Art beschreibt Rudolf Steiner folgendermaßen: "Wenn im richtigen Zeitpunkt Ahriman in der westlichen Welt inkarniert wird, würde er eine große Geheimschule gründen, in dieser Geheimschule würden die grandiosesten Zauberkünste getrieben werden, und über die Menschheit würde ausgegossen werden alles dasjenige, was sonst nur mit Mühe zu erwerben ist (GA190,BdIV). S48 Er kann seinen Schülern übersinnliche Weisheit vermitteln, die sie aufnehmen können, ohne ihr Denken wandeln zu brauchen. Ahriman will das Denken erhalten, welches heute da ist. Rudolf Steiner fügt zu dem oben Gesagten hinzu: "Man darf sich wiederum nicht philiströs vorstellen, daß Ahriman, wenn er herunterkommt, eine Art "Krampus" ist, der den Menschen allen möglichen Schabernack antut. O nein, alle die Bequemlinge, die heute sagen: Wir wollen nichts wissen von Geisteswissenschaft, - die würden seinem Zauber verfallen, denn er würde in grandioser Weise die Menschen zu Hellsehern machen" (GA190, BdIV). Man kann hier einige Schwierigkeiten bekommen. Warum, wenn er auf der einen Seite alles tut, um als Schriftsteller das heutige Wissen und das heutige Denken zu erhalten, will er die Menschen hellsichtig machen?
Ahriman hat selbstverständlich eine klare Einsicht in alles, was in der Menschheit werden will, und zwar durchaus von der geistigen Seite. So weiß er, daß in der Menschheit hellsichtige Fähigkeiten im natürlichen Entwicklungsgang der Menschheit heraufkommen. Er weiß auch, daß diese Fähigkeiten dem ätherisch erscheinenden Christus entgegenströmen werden. Diese Fähigkeiten treten jetzt stärker und stärker auf. Damit hat er zu rechnen. Ja, es kommt die Zeit, wo alles einmal ins Geistige übergehen wird. Das will er in seinem Sinne gestalten! Wenn er die Menschen, ohne daß sie sich selbst zu wandeln brauchen, hellsichtig machen wird, was gibt es Besseres in der Welt, um die ätherische Erscheinung des Christus abzubiegen? Das hat er schon in den Jahren 1933 bis 1940 getan. Das Hellsehen, das er bringen wird, wird allerdings grundverschieden sein von dem, was durch die Geisteswissenschaft entwickelt wird. In dem ahrimanisch erzeugten Hellsehen wird jeder seine eigenen, subjektiven Visionen haben, die nicht "übereinstimmen mit den Visionen der anderen Menschen. In dieser Weise käme nur Streit aus diesem Hellsehen. Aber doch wäre jeder mit seinem Hellsehen sehr zufrieden" (GA190,Bd.IV).
Und doch wäre jeder mit seinem Hellsehen sehr zufrieden! Er hat kein Verlangen mehr nach anderen schwieriger zu erringenden geistigen Wahrnehmungen. Wie würde das ahrimanische Hellsehen sich gestalten? Wenn die Menschen bleiben, wie sie sind, wenn sie nicht ihr gegenwärtiges intellektuelles Denken zu wandeln brauchen, nicht ihr Gefühlsleben, nicht die Triebwelt in ihnen, dann verlieren sie die alte regulierend führende Kraft der Jahvegottheit, und Ahriman kann die Instinkt- und Triebwelt, alle unbewußten Fähigkeiten ergreifen. Er kann sie zu hellsichtigen Imaginationen wandeln, dann S49 entsteht etwas Ähnliches, wie Rudolf Steiner es in den Vorträgen über "Der Baum des Lebens und der Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen" (GA162?) beschreibt: "Diese ganze Triebwelt, die eigentlich eine egoistische, nur dem Menschen angehörige Triebwelt ist, die kann sich gewissermaßen emanzipieren von der in ihr lebenden Jahve-Gottheit. Dann wirkt sie herauf; aber unbewußt, ohne daß der Mensch es merkt, drängt sich durch und durchsetzt die Vorstellungswelt mit ihren Imaginationen. Der Mensch wird, wie man oftmals sagt, hellseherisch, das heißt er hat Visionen. Er erlebt alles dasjenige, was in seiner Triebwelt ist, als Imaginationen. In Wahrheit erlebt er eigentlich nur seine Triebwelt; sie stellt sich ihm als imaginative Welt dar. Aber da in seiner ganzen Triebwelt, wie wir sie haben, eigentlich verschleiert für den Menschen, der Kosmos lebt, so täuschen ihm die Imaginationen, die aufsteigen aus seiner Triebwelt wie ein Dunst, einen ganzen Kosmos vor". Da jeder Mensch verschiedene Instinkte und Triebe hat, lebt jeder in seinem eigenen abgekapselten Sein. Er erlebt sich selbst, nicht die wahre geistige Welt. Der Mensch soll sich zwar seiner Triebe und Instinkte, die willenshafter Natur sind, bewußt werden, aber mit klaren spirituellen Gedanken, sonst dampfen sie herauf und überwältigen sein geistiges Streben.
"Dasjenige, um das es sich handelt, ist nun dieses: Gerade diejenige Zukunftsweisheit, die hellsichtiger Art ist, diese Zukunftsweisheit, die muß wiederum dem Ahriman abgenommen werden. Man kann wiederum sagen: Es ist nur ein Buch, nicht zwei Weisheiten, ein Buch. Es handelt sich nur darum, ob das Buch Ahriman hat oder Christus. Christus kann es nicht haben, ohne daß die Menschheit dafür kämpft. Und die Menschheit kann nur dadurch dafür kämpfen, daß sie sich sagt, sie müsse bis zu demjenigen Zeitpunkt, in dem Ahriman auf der Erde erscheint, durch eigene Anstrengung diesen Inhalt der geistigen Wissenschaft errungen haben" ("Die geistigen Hintergründe der sozialen Frage GA190,BdIV). Dadurch kann man das "Buch" der Weltenweisheit, welches Johannes der Apokalyptiker von dem "Engel mit der großen Stärke" empfing (Apokalypse) und verschlang, sich selbst ganz einverleiben und dem Christus übergeben. "Das wäre der allerschlechteste Rat, den man den Menschen geben könnte, wenn man ihnen sagte: Bleibt nur, wie ihr seid; Ahriman wird euch ja alle hellsichtig machen, wenn ihr wollt. Und ihr werdet es wollen, denn Ahriman wird große Macht haben." - "Aber die Folge davon würde sein, daß auf der Erde das Ahriman-Reich errichtet würde" (GA190,BdIV).
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